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Weisweiler „Hennes“ Hans

in > TRAINER und TRAINERLEGENDEN < 06.10.2011 08:34
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Der Sohn eines Prokuristen erlernte das Fußballspielen beim VfB im heimischen Lechenich vor den Toren Kölns. Ab 1935 spielte Hennes Weisweiler in den Jugendmannschaften des Kölner BC 01 im Stadtteil Klettenberg, als 17-Jähriger gab er in der Seniorenmannschaft des KBC, der gerade in die seinerzeit höchste Spielklasse, die Gauliga Mittelrhein aufgestiegen war, beim Lokalderby gegen den VfL Köln 1899 (1:4) seinen Einstand

Nach abgeschlossenem Abitur begann Weisweiler 1938 ein Volontariat als Lebensmittelgroßhändler, wurde dann aber in den Kriegsjahren als Soldat der Wehrmacht nach München versetzt, wo er zeitweise für Wacker München Fußball spielte. 1945 kehrte er in seine Heimatstadt zurück und beteiligte sich dort am Wiederaufbau des VfB Lechenich. Es zog ihn aber schon bald wieder die Domstadt. Als dort zum 1. Juni 1947 die Sporthochschule Köln eröffnet wurde, meldete sich der 27-jährige für den ersten Ausbildungslehrgang zum Fußballtrainer an. Dozent des Kurses, der vom 3. November 1947 bis 28. Februar 1948 durchgeführt wurde, war der vormalige Reichstrainer Sepp Herberger, zu Weisweilers Mitschülern zählten unter anderem der Düsseldorfer Nationalspieler Paul Janes sowie Wilhelm Jürissen, Fritz Langner, Paul Mebus, Walter Ochs, Fritz Pliska, Helmut Schneider und Herbert Widmayer

Beim Kölner BC 01 bemühte sich Franz Kremer, ab Februar 1947 auch Vorsitzender des Vereins, um den Wiederaufbau. Neben anderen ehemaligen Spielern überredete er auch Hennes Weisweiler zur Rückkehr nach Köln-Klettenberg. Nach der Fusion mit der SpVgg Sülz 07 zum 1. Fußball-Club Köln 01/07 strebte die von Karl Flink trainierte Mannschaft in der Saison 1947/48 den Aufstieg in die Oberliga West an und qualifizierte sich schon im ersten Anlauf für die Aufstiegsspiele gegen Rhenania Würselen. Nach einem 0:0 im Hinspiel in Würselen spielte Weisweiler mit dem 1. FC am 13. Juni 1948 vor der stattlichen Kulisse von 20.000 Zuschauern an der Köln-Müngersdorfer Radrennbahn um den Aufstieg in die Oberliga. Dass das Spiel gegen die Rhenania durch einen Treffer von Jupp Derwall mit 0:1 verlorenging, war nur noch nebensächlich, nachdem Hennes Weisweiler während dieses Spiels schwer verletzt wurde und ins Krankenhaus gebracht werden musste. Am Tag darauf ging in der Stadt das Gerücht um, dass er an den Folgen der Verletzung gestorben sei, doch Weisweiler hatte zwar einen lebensbedrohlichen Schädelbasisbruch erlitten, aber überlebt.

Zur Spielzeit 1952/53 wurde Weisweiler Trainer beim Rheydter Spielverein. Unter dem Dülkener Diplomsportlehrer Fritz Pliska war in den Jahren zuvor eine kampf- und spielstarke Mannschaft entstanden, die 1950 die Oberliga erreicht und sich zwei Jahre dort gehalten hatte. Pliska hatte den Verein 1951 in Richtung Mönchengladbach verlassen, im Jahr darauf war der RSV abgestiegen. Beim „Spö“, wie der Verein von seinen Anhängern genannt wird, erhoffte man sich mit der Verpflichtung Weisweilers den sofortigen Wiederaufstieg. Dieser brachte aus Köln den Stürmer Franz Alexius mit an den Niederrhein, der den nach Frankfurt abgewanderten Heinz Dokter ersetzen sollte. Hinter dem VfL Bochum, aber noch vor der starken Konkurrenz vom Duisburger SpV und RW Oberhausen sicherte sich die Mannschaft um Amateurnationalspieler Alfred Post und Torjäger „Micki“ Abel die Vizemeisterschaft in der II. Division West 1952/53 und damit zum zweiten Mal den Aufstieg in die Oberliga. Im gerade fertiggestellten Neubau des Jahnstadions an der Nordstraße konnte sich die von Hennes Weisweiler betreute Elf jedoch nicht in der Oberliga etablieren, die Schwarz-Weißen belegten am Ende der Saison 1953/54 nur den vorletzten Platz und mussten erneut den Gang in die Zweitklassigkeit antreten.

Nach dem Weltmeisterschafts-Triumph nutzte Bundestrainer Sepp Herberger die Gelegenheit, beim DFB eine Assistenztrainerstelle für die Deutsche Fußballnationalmannschaft durchzusetzen Er wählte hierfür den besten Schüler seines ersten Trainerlehrganges an der DSHS aus, Hennes Weisweiler, der diese neue Aufgabe dankend annahm. Die anfängliche Begeisterung wich jedoch schon bald der ernüchternden Erkenntnis, dass sich Weisweiler mit seinen Ideen gegenüber dem ebenso gestrengen wie anstrengenden Lehrmeister nicht würde durchsetzen können. Weisweiler gab die wenig fruchtbare Zusammenarbeit mit Herberger bei der Nationalmannschaft zugunsten der Rückkehr zum 1. FC Köln wieder auf.

Neben seiner Trainertätigkeit war Weisweiler bereits seit 1953 für den Deutschen Fußball-Bund tätig gewesen. Als zentraler Prüfungsleiter übte er ein wichtiges Amt im Lehrgangswesen des Verbandes aus, da die Trainerausbildung des DFB nach den ersten drei von Herberger durchgeführten Lehrgängen seit 1950 dezentral durch die Landesverbände durchgeführt wurde. 1955 nahm er eine Anstellung als Dozent an der Deutschen Sporthochschule (DSHS) in Köln an, und als der DFB die Ausbildung zum Fußball-Lehrer ab 1957 wieder zentral an der DSHS anbot, übertrug man Hennes Weisweiler deren Leitung.

In den 13 Lehrgängen, die unter seiner Führung bis 1970 stattfanden – Weisweiler gab dabei einen Großteil des Unterrichts selbst –, machten insgesamt 255 Teilnehmer ihren Abschluss. Die heute noch bestehende Trainerausbildungsstätte des DFB an der Deutschen Sporthochschule wurde im Jahr 2005 zu seinen Ehren „Hennes-Weisweiler-Akademie“ benannt. Einer von Weisweilers ersten Schülern, Gero Bisanz, wurde sein Nachfolger an der DSHS, und viele seiner „Zöglinge“ wie etwa Zlatko Čajkovski, der später Bayern München und den 1. FC Köln trainierte („Habe fast immer besiegt meine Professor.“) sah er schon wenige Jahre darauf in der Bundesliga auf der gegnerischen Trainerbank wieder.

Zur Saison 1958/59 wechselte Weisweiler vom 1. FC Köln auf die „schäl Sick“, die andere Rheinseite, zum SC Viktoria 04. Dieser Verein war im Jahr zuvor durch Fusion der beiden stärksten rechtsrheinischen Kölner Kräfte Preußen Dellbrück und SC Rapid entstanden. Die von der Unternehmerfamilie Mühlens („4711“) finanziell unterstützten Preußen waren zwar wie der FC schon seit 1949 in der Oberliga vertreten, hatten im Lauf der Jahre aber immer mehr an Boden verloren und kämpften zuletzt gegen den Abstieg.

Weisweilers Start bei der Viktoria ging mit 0:14 Punkten gründlich daneben und böse Zungen unkten, er sei vom 1. FC nur deshalb gewechselt, um dem Lokalrivalen zu schaden. Doch es gelang ihm in der Folgezeit, die Viktoria mit Spielern wie Günter Habig, Jean Löring, Carl-Heinz Rühl, Gero Bisanz und Horst Nußbaum im Mittelfeld der Oberliga zu etablieren. In der letzten Spielzeit vor Einführung der Bundesliga, 1962/63, erzielte die Weisweiler-Elf mit 81 Toren die meisten Treffer aller West-Vereine; die besten Torschützen waren Klaus Matischak 17 Toren sowie Carl-Heinz Rühl und Jürgen Schult mit je 14 Treffern. Ein Höhepunkt der Saison waren die Spiele gegen Ferencváros in der ersten Runde des europäischen Messepokals, wo die Viktoria zu Hause mit 4:3 gewann, in Budapest aber mit 1:4 unterging. Das Ziel, die Lücke zum 1. FC Köln zu schließen entfernte sich aber weiter. Der FC hatte sich inzwischen nicht nur zur Spitzenmannschaft im Westen entwickelt, sondern gewann 1962 erstmals die Deutsche Meisterschaft.

Die Viktoria konnte sich aufgrund der Zwölfjahreswertung nicht für die Bundesliga, der 1963 neu eingeführten höchsten Spielklasse, qualifizieren und spielte fortan nur noch zweitklassig in der Regionalliga West. In Weisweilers Mannschaft der Runde 1963/64 spielten zwar spätere Bundesligaspieler und -Trainer wie Erich Ribbeck, Jürgen Sundermann und Willibert Kremer sowie der schon angejahrte jugoslawische Weltklassetorwart Vladimir Beara, aber die Aufstiegsrunde zur Bundesliga wurde mit einem fünften Platz deutlich verfehlt.

Hennes Weisweiler kam am 27. April 1964 auf Empfehlung von Bundestrainer Sepp Herberger zum Regionalligisten Borussia Mönchengladbach. Borussia-Vize Helmut Grashoff begründete den Trainer-Wechsel von Langner zu Weisweiler mit dem Argument:

„Es war an der Zeit, Langner gegen etwas Geniales einzutauschen - gegen einen Trainer, der die volle Entfaltung der hoffnungsvollen Ansätze bewirken könnte.“

Bereits in den letzten zwei Spielen der Runde 1963/64 betreute er die Borussia für den zu Schalke 04 in die Fußball-Bundesliga abgewanderten Fritz Langner. Mit der Kölner Viktoria hatte er 1963/64 den fünften Rang belegt, drei Plätze vor seinem neuen Verein und hatte in den zwei Rundenspielen 3:1 Punkte gegen die Mannschaft vom Niederrhein erreicht. Im Westen, speziell im Rheinland, galt der Trainer Weisweiler schon als Größe in der Branche, als ihn 1964 der Zweitligist Borussia Mönchengladbach unter Vertrag nahm. Mit der Erfahrung aus zwölf Trainerjahren Oberliga West, der Ausbildung durch Herberger, einem Jahr als Assistent des gestrengen Bundestrainers und seiner intellektuell-pädagogisch anspruchsvollen Lehrtätigkeit an der Sporthochschule Köln im Rücken, kam Weisweiler 1964 nach Mönchengladbach.

Personell hatte er die Abgänge von den vorherigen Leistungsträgern Horst-Dieter Höttges, Karl-Heinz Mühlhausen, Heinz Crawatzo und des Rekordtorschützen Uli Kohn zu verkraften. Gleich mit seinen ersten Neuzugängen – es kamen Bernd Rupp vom SV Wiesbaden aus dem hessischen Amateurlager, Jugendnationalspieler Werner Waddey vom Lokalrivalen 1. FC und aus der vereinseigenen Reserve zog er den 19-jährigen Stürmer Jupp Heynckes in das Regionalligateam hoch – setzte er Maßstäbe für seine Vorgehensweise in Mönchengladbach. Er baute auf talentierte Spieler und formte sie zu Leistungsträgern. Von Beginn an setzte er auf die Regiekünste des 20-jährigen Günter Netzer und führte nach 17 Spielen die Halbzeittabelle mit 27:7 Punkten an. Er stellte den Angriff mit Herbert Laumen, Jupp Heynckes, Bernd Rupp, Günter Netzer und Werner Waddey zusammen. Bernd Rupp war mit 22 Jahren der älteste Stürmer im Angriff. Zusammen erzielten diese fünf Spieler 87 der 92 Tore des Überraschungsmeisters in der Regionalliga West 1964/65.

Es war die Geburtsstunde der „Fohlenelf“. Vor dem Rundenstart gehörte Mönchengladbach bei keinem Experten dem Kreis der Mannschaften an, denen ernsthafte Chancen zum Einzug in die Bundesligaaufstiegsrunde zugetraut wurden. Alemannia Aachen, Wuppertaler SV und Fortuna Düsseldorf waren die Favoriten, Außenseiterchancen wurden RW Oberhausen und Arminia Bielefeld eingeräumt. „Vor gar nicht so weit zurückliegender Zeit zählte Mönchengladbach, wohlwollend betrachtet, noch zur unteren Mittelklasse der westdeutschen Profiliga“. Mit 92:39 Toren gewann die Weisweiler-Elf die Meisterschaft 1964/65 in der Fußball-Regionalliga West. Viktoria Köln belegte mit 41:48 Toren den zehnten Rang. In der Aufstiegsrunde setzte sich der Westmeister gegen den SSV Reutlingen, Holstein Kiel und Wormatia Worms durch und stieg in die Fußball-Bundesliga auf. Vizemeister Aachen scheiterte nach 1964 zum zweiten Mal in der Aufstiegsrunde. Bayern München setzte sich überlegen in der zweiten Gruppe gegen den 1. FC Saarbrücken, Aachen und Tennis Borussia Berlin durch.

Für das erste Bundesligajahr 1965/66 ergänzte Weisweiler die Aufstiegself um die Neuzugänge Gerhard Elfert (Arminia Hannover), Heinz Wittmann (SC Zwiesel) und den 18-jährigen Jugendnationalspieler Hans-Hubert Vogts vom VfR Büttgen. Seine Mannschaft musste im Fußball-Oberhaus Lehrgeld bezahlen, mit 29:39 Punkten belegte Gladbach den 13. Rang. Die Abwehr hatte nicht die nötige Stabilität, im Mittelfeld fehlte Netzer – er debütierte am 9. Oktober 1965 beim Länderspiel in Stuttgart gegen Österreich in der Nationalmannschaft – die nötige Unterstützung und im Angriff trafen nur Heynckes und Rupp zufriedenstellend. Vogts und Wittmann hatten sich aber als Defensivspieler in der Stammelf etabliert. Für das zweite Bundesligajahr, 1966/67, stand beim „Offensivtrainer“ der Versuch der Abwehrverstärkung durch die Neuzugänge des Torhüters Volker Danner vom 1. FC Saarbrücken und des jugoslawischen Nationalverteidigers Vladimir Durkovic von Roter Stern Belgrad im Vordergrund. Mit Herbert Wimmer kam zudem noch ein Flügelstürmertalent aus dem mittelrheinischen Amateurlager an den Bökelberg. Danner verdrängte mit guten Leistungen den Oldtimer Manfred Orzessek aus dem Tor, Durkovic hingegen setzte sich nicht wie erhofft als Abwehrchef durch. Wimmer dagegen, der Ex-Amateurfußballer von Borussia Brand, stürmte in allen 34 Ligaspielen am rechten Flügel. Da jetzt auch Herbert Laumen seine Torgefährlichkeit in der Bundesliga unter Beweis stellen konnte, brachte die Angriffsleistung die Weisweiler-Schüler mit 70:49 Toren auf den achten Tabellenrang. Die Fähigkeit von Weisweiler, Spieler individuell zu verbessern – technisch, taktisch, konditionell – führte dazu, dass nach Netzer mit Bernd Rupp, Jupp Heynckes und Berti Vogts drei weitere Gladbacher Spieler in der zweiten Bundesligasaison der Borussia zu Nationalmannschaftseinsätzen kamen.

Die positive sportliche Entwicklung in Mönchengladbach weckte Begehrlichkeiten bei der Konkurrenz. Im Sommer 1967 unterschrieben Heynckes bei Hannover 96, Rupp bei Werder Bremen und Elfert bei Eintracht Braunschweig besser dotierte Verträge. Durkovic zog es nach einer für beide Seiten unbefriedigenden Runde weiter zu AS St. Etienne. Der Borussen-Trainer entschied sich im Gegenzug dazu, von den zwei Bundesligaabsteigern Düsseldorf und RW Essen den Mittelstürmer Peter Meyer sowie Mittelfeldspieler Peter Dietrich an den Bökelberg zu holen. Aus der Regionalliga West wurde von Münster noch der schnelle Flügelstürmer Klaus Ackermann verpflichtet, aus der Jugend wurden die Talente Klaus Winkler und die Zwillingspaare Dieter und Klaus Baumanns sowie Erwin und Helmut Kremers übernommen. Mit der Mittelfeldbesetzung Dietrich – Netzer – Laumen und den drei Angreifern Wimmer, Meyer und Ackermann konnte Weisweiler in seinem dritten Bundesligajahr, 1967/68, erstmals unter Beweis stellen, dass mit Schnelligkeit, Technik und Kombinationsvermögen auch erfolgreicher Offensivfußball den Weg zur Tabellenspitze ermöglichen konnte.

Das Mittelfeld war überwiegend spielerisch geprägt, der Sturm basierte auf zwei schnellen Flügelspielern und im Angriffszentrum agierte mit dem Ex-Düsseldorfer Meyer ein echter Torjäger. Die Borussen erzielten mit 77 Treffern die meisten Rundentore, noch vor dem neuen Meister 1. FC Nürnberg, und belegten am Rundenende den dritten Rang. Tragisch war der Rundenverlauf für den im Weisweiler-System sich besonders wohl fühlenden Mittelstürmer Peter Meyer. In den ersten 18 Rundenspielen erzielte er 19 Treffer und führte damit unangefochten die Torschützenliste an. Am 9. Januar erlitt er im Training in der Sportschule Duisburg-Wedau bei einem Zusammenprall mit seinem Torwart Volker Danner einen Schien- und Wadenbeinbruch und konnte nach dem 18. Spieltag kein Spiel mehr absolvieren. Mit den zwei Kantersiegen von 8:2 (Kaiserslautern) und 10:0 (Neunkirchen) schloss die Weisweiler-Elf an den 11:0 Sieg aus der Runde 1966/67 gegen Schalke 04 sowie an den 8:3 Erfolg aus dem Jahr 1965/66 gegen den 1. FC Nürnberg an. Mit „Pitter“ Meyer und Herbert Laumen streiften sich am 17. Dezember 1967 beziehungsweise 6. März 1968 zwei weitere Schützlinge des Fußball-Lehrers Weisweiler das Nationaltrikot über.

Der Aufstieg der „Fohlen“, die Entwicklung zu einer offensiv-technisch orientierten und in hohem Spieltempo agierenden Spitzenmannschaft mit großen Sympathiewerten, gekrönt durch die Deutsche Meisterschaft 1969/70, war das Werk der Trainerpersönlichkeit Hennes Weisweiler. Mit methodisch ausgewogener Trainingsarbeit – der erfahrene Mann der Praxis nutzte auch den aktuellen Erkenntnisstand der Theorie – verbesserte er die Leistung der Einzelspieler und dadurch die Weiterentwicklung der Mannschaftsleistung in technischer, taktischer und konditioneller Sicht. Dies geschah in Ergänzung durch seinen ausgeprägten Blick für Talente und deren zielgerichtete Hinführung zum Könner, und seines Vermögens, eine Mannschaft über Jahre formen zu können.

Nur Herbert Laumen und Günter Netzer hatten vor seinem Amtsantritt 1964 bereits Meisterschaftsspiele für Borussia Mönchengladbach im Seniorenbereich ausgetragen. Die Spieler Jupp Heynckes (1969/70 noch bei Hannover 96), Bernd Rupp (1969/70 beim 1. FC Köln), Berti Vogts, Heinz Wittmann, Volker Danner, Herbert Wimmer, Peter Meyer, Peter Dietrich, Wolfgang Kleff, Hartwig Bleidick, Winfried Schäfer, Ulrik le Fevre und Gerd Zimmermann eröffneten dagegen unter dem Lehrgangsleiter der Trainerausbildung an der Sporthochschule in Köln ihre höherklassige Laufbahn. Auffallend dabei ist der Umstand, dass Weisweiler mehrere Spieler aus dem Jugendbereich (Vogts, Schäfer, Zimmermann) beziehungsweise dem Amateurlager (Heynckes, Rupp, Wittmann, Wimmer, Kleff, Bleidick) zu etablierten Bundesligaspielern oder sogar zu Nationalspielern entwickelte. Dass er aber auch ein Fachmann bei der Verpflichtung von ausgereiften Könnern war, hatte er bei den Zugängen bewiesen: Der Saarbrücker Regionalligaspieler Volker Danner übernahm auf Anhieb die Torhüterposition, Peter Meyer spielte eine überragende Runde bis zur seiner karrierebeendenden Verletzung, Peter Dietrich entwickelte sich von einem unbekannten Mittelfeldakteur des Absteigers aus Essen zu einem WM-Fahrer der Turniertage 1970 in Mexiko, der Ex-Haßfurter Ludwig Müller gehörte am Bökelberg wieder zu den besten Vorstoppern der Liga, Klaus-Dieter Sieloff erlebte einen „zweiten Frühling“ in Gladbach und entwickelte ungeahnte spielerische Tugenden, und Horst Köppel, ein Spieler in der Spitze wie auch im offensiven Mittelfeld, wurde auch in seiner Zeit bei der Borussia für weitere Länderspiele berufen. Die Entwicklung des dänischen Stürmers Ulrik le Fevre reiht sich nahtlos in die Erfolgsgeschichte ein. Alle diese Spieler profitierten von der fachlichen und menschlichen Kompetenz des Kölner Fußball-Lehrers.

Nach der erfolgreichen Titelverteidigung verlor Mönchengladbach im Sommer 1971 aus finanziellen Gründen mit Dietrich, Köppel und Laumen drei wertvolle Stammspieler. Unter den Neuzugängen konnte lediglich Hans-Jürgen Wittkamp von Schalke 04 Bundesligaerfahrung vorweisen. Dietmar Danner, Christian Kulik, Ulrich Surau, Gregor Quasten, Peter Wloka und Heinz Michallik kamen dagegen aus der Regionalliga beziehungsweise dem Amateur- oder Jugendbereich. In der Bundesligatabelle rangierte Borussia nach dem 11. Spieltag mit 14:8 Punkten auf dem vierten Rang als im Europapokal am 20. Oktober vor 27.500 Zuschauern im Bökelbergstadion das Achtelfinalhinspiel gegen den italienischen Meister Inter Mailand stattfand. Ein Jahr nach dem Zweitrunden-Aus im Elfmeterschießen gegen den FC Everton fertigten die „Fohlen“ Inter in einer rauschenden Ballnacht sensationell mit 7:1 Toren ab und spielten sich in die Herzen aller deutschen Fußballfans. Die Augenzeugen sprachen davon, „nie zuvor und nie danach ein großartigeres, denkwürdigeres Fußballspiel mit eigenen Augen erlebt zu haben“. Selbst Englands Meistermacher Matt Busby schwärmte anschließend: „Was für ein fantastisches Team! So ein Tempo, Kraft und Fantasie.“

Drei Tage nach dem Mailand-Spiel kam der Tabellenführer Schalke 04 mit 19:3 Punkten und 27:5 Toren nach Gladbach. Noch im „Inter-Spielrausch“ überfuhren die Weisweiler-Schüler die Schalker am 23. Oktober mit 7:0 Toren.

Die Weisweiler-Mannschaft erfreute sich regelmäßig an Sympathiekundgebungen auch auf fremden Plätzen, der attraktive Angriffsfußball der überwiegend sympathisch-bescheidenen Spieler ließen die Borussen als Imageträger zum FC Bayern-Gegenpart werden. Gladbach brachte man mit Ästhetik und Tragik, mit Schwung und Leidenschaft, mit Spielwitz und Schnelligkeit, mit Jugend und verzeihbaren Fehern in Verbindung und der „Vater des Teams“ war Hennes Weisweiler. Im zweiten Jahr in Gladbach glückte die von Weisweiler vorangetriebene Umschulung von Rainer Bonhof zum Mittelfeld- und Abwehrspieler, er absolvierte 33 Spiele und erzielte zwei Tore. Dietmar Danner gehörte auch der Stammelf an und Christian Kulik zeigte bereits in 23 Einsätzen mit vier Treffern wozu er in Zukunft noch fähig sein würde. Allerdings machten monatelange Verletzungspausen von Berti Vogts (Meniskusoperation) und Ludwig Müller (Beinbruch) mehr als den dritten Rang in der Bundesliga nicht möglich.

Die Runde 1972/73 stand im Zeichen der verletzungsbedingten Ausfälle in der Defensive von Libero Sieloff (6 BL-Spiele) und Verteidiger Bleidick (9 BL-Spiele), sowie des Wechsels von Vorstopper Ludwig Müller zu Hertha BSC. Der komplette Verlust der herausragenden Defensivzentrale wog besonders schwer. Da auch noch der Dirigent im Mittelfeld, Günter Netzer, nur zu 18 Einsätzen mit drei Toren kam und der exzellente Flügelstürmer Ulrik le Fevre beim FC Brügge unterschrieben hatte, war für den Trainer eine Umgestaltung der Mannschaft nötig. In der Offensive klappte das mit 82 Treffern – Heynckes (28), Jensen (11), Rupp (9) – gut, da hatte man ja auch mit Henning Jensen und dem Rückkehrer Bernd Rupp vor Rundenbeginn adäquat reagiert, aber in der Abwehr konnten die Lücken durch die Verletzungsausfälle nicht kompensiert werden und prompt gab es mit 61 Gegentreffern die schlechteste Bilanz seit dem Bundesligadebütjahr 1965/66. Gladbach landete dadurch auf dem 5. Rang.

In den zwei Pokalwettbewerben, dem UEFA-Pokal und dem DFB-Pokal, fanden die „Fohlen“ aber in die Erfolgsspur. Im Halbfinale des UEFA-Cup konnte Weisweiler auf seinen Abwehrchef Sieloff zurückgreifen – in der Bundesliga konnte er nur sechs Spiele bestreiten – und dieser dirigierte erfolgreich in den zwei Spielen gegen Twente Enschede im April 1973 die Defensive und die Borussia zog in die Finalspiele gegen den FC Liverpool ein. Im Mai fehlte er aber erneut in den zwei Finalspielen gegen die „Reds“. Insbesondere im mit 0:3 verlorenen Hinspiel an der Anfield Road machte sich das Fehlen des Abwehrorganisators mit ausgezeichnetem Kopfballspiel und Zweikampfstärke spielentscheidend bemerkbar. Das Experiment mit Günter Netzer auf der Liberoposition ging nicht auf. Der 2:0 Heimspielsieg am 23. Mai durch zwei Heynckes-Treffer konnte den Cuperfolg der Mannschaft um Superstar Kevin Keegan nicht mehr verhindern.

Im legendären Pokalfinale vom 23. Juni 1973 in Düsseldorf gegen den rheinischen Rivalen 1. FC Köln war Klaus-Dieter Sieloff wieder der Chef der Abwehr und die Borussen-Defensive konnte deshalb der gefürchteten Offensive des Vizemeisters mit Wolfgang Overath, Heinz Flohe, Herbert Neumann, Jürgen Glowacz und Hennes Löhr mit Erfolg begegnen. Weinrich/Grüne schreiben in ihrer „Deutschen Pokalgeschichte“ diesem Finale zu, „dass es als eines der besten, spielerisch hoch stehendsten und spannendsten in der Geschichte dieses Wettbewerbs in die Annalen einging.“ Das Spiel endete 2:1 nach Verlängerung.

In der Berichterstattung der Medien spielte das aber eine untergeordnete Rolle. Dass ausgerechnet der zu Real Madrid wechselnde Günter Netzer in der 94. Spielminute das entscheidende Tor erzielte, nachdem er von Weisweiler zu Beginn des Finales „wegen mangelnder Kondition“ auf die Ersatzbank verbannt worden war, das war die Meldung nach dem Spiel und bestimmte auch die ungezählten Kommentare dazu. Definitiv war der Spielmacher nicht in bester Verfassung gewesen, hatte nicht in der Bundesliga, nicht im UEFA-Cup und auch nicht im DFB-Pokal seine vorherigen Leistungen gebracht. Der Trainer wollte seinen langjährigen Spielgestalter in der Halbzeit ins Spiel bringen, dies lehnte dieser ab. Welche Rolle der feststehende Wechsel zu Real Madrid bei der Nichtberücksichtigung für die Startelf spielte, ist nicht bekannt, alles geschriebene und gesprochene darüber ist Spekulation und kann nicht belegt werden. Auf jeden Fall ist die Aussage im Kicker, worin die Energieleistung beider Mannschaften bewundert und ferner festgehalten wird, dass beide „bis weit in die Verlängerung hohes Tempo gingen“, ein Indiz dafür, dass der Laufleistung in diesem Finale eine überragende Bedeutung zukam. Sportfachlich war die Entscheidung von Weisweiler nachvollziehbar, Netzer als Mann für die zweite Halbzeit einzuplanen, und darauf zu hoffen, dass bei Netzer die Luft für 45 Minuten ausreichen würde, er mit seinem Mitwirken bei den Mitspielern für einen emotionalen Schub sorgen und er mit der einen Idee oder dem entscheidenden Pass die Entscheidung einleiten könnte.

Netzer selbst geht in seiner Autobiografie Aus der Tiefe des Raumes ausführlich auf das Pokalendspiel und die Begleitumstände ein. Er erklärt, dass seine schwankende Form aus mehreren Verletzungen in dieser Zeit resultierte, aber auch durch seine in dieser Zeit vorhandenen Beziehungsprobleme und sein nicht leistungsförderliches Freizeitverhalten („Ich tingelte mit Freunden durch die Nächte“). Auch den plötzlichen und unerwarteten Tod seiner Mutter führt er an, des Weiteren, dass er danach einige Tage mit dem Training ausgesetzt habe, und fasst zusammen: „Ich war körperlich seit Wochen nicht in bester Verfassung, nun kam noch die psychische Belastung hinzu. Ich meine, es gab objektive Gründe, das Finale ohne mich zu planen“. Begleitet werden diese Aussagen durch seine Spielwürdigung, die darin gipfelt, dass beide Mannschaften „ein unfassbares Spiel“ zeigten: „Heiß war es, unerträglich heiß – und das Spiel doch voller Tempo, Dramatik und Ausgeglichenheit. Schon in der ersten Halbzeit war das ein Spiel, das ich zu den besten Fußballspielen zähle, die ich je gesehen habe, vielleicht war es sogar das beste.“ Der Aufforderung von Weisweiler zur Halbzeit an ihn, die zweiten 45 Minuten zu spielen, unterstellt er dann, „dass das nicht in erster Linie sportliche Überlegungen gewesen wären, das waren, und wenn auch nur unbewusst, Rachegefühle, Wut und der Wunsch zu bestrafen.“ Abschließend bricht er eine Lanze für den „mit Kritik, mit Spott und Häme überkübelten“ Weisweiler, indem er anführt, dass er nichts davon verdient habe und resümiert

Auf dem sportlichen Höhepunkt verkündete Hennes Weisweiler seinen Abschied nach Barcelona. Die Tätigkeit von Weisweiler in Mönchengladbach kann nicht alleine am Bundesligaaufstieg 1965, den Meisterschaften 1970, 1971 und 1975, dem DFB-Pokal 1973 sowie dem Gewinn des UEFA-Cup 1975 gemessen werden. Die Grundlagen des Gladbacher Spieles mit Technik, Schnelligkeit, Kombinationsfußball, das Ziel war immer Tore zu erzielen, in Begleitung eines sportlich-sympathischen Auftretens, hatte die Borussia zu einer der beliebtesten Mannschaften gemacht, die sich auch regelmäßig an Sympathiekundgebungen auf fremden Plätzen erfreuen durfte. Die Erfolge waren auch für die „Fohlen-Elf“ und Weisweiler wichtig, beileibe aber nicht alles. Mit der offensiven Grundausrichtung ihres Spieles hatten die Mannschaft und ihr gestaltender Trainer schon lange vor dem ersten Deutschen Meistertitel 1970 im deutschen Fußball eine große Anhängerschaft mobilisiert, die weit über die regionalen Grenzen des Niederrheins reichte. Die denkwürdigen Auftritte mit negativem Ausgang im Europapokal 1970/71 beim FC Everton, das „Büchsenwurf-Spiel“ 1971/72 gegen Inter Mailand sowie die Finals 1973 im UEFA-Cup gegen den FC Liverpool trugen mindestens genauso dazu bei, dass die Weisweiler-Elf zu einem Sympathieträger erster Güte geworden war. Dabei stand den Gladbachern lediglich ein vergleichsweise bescheidener Finanzrahmen zur Verfügung, die Hälfte der Bundesligamitglieder war der Niederrheinelf diesbezüglich überlegen gewesen. Die Talenteentwicklung war ein weiterer Mosaikstein, das finanzielle „Nichthaltenkönnen“ von Stars und trotzdem der Weiterführung von erfolgreichem Offensivfußball, zeichneten die „Macher“ am Bökelberg aus und brachten ihnen in ganz Deutschland Anerkennung und Anhängerschaft ein.

Die Entwicklung der Akteure Hartwig Bleidick, Rainer Bonhof, Dietmar Danner, Peter Dietrich, Josef Heynckes, Wolfgang Kleff, Herbert Laumen, Peter Meyer, Günter Netzer, Bernd Rupp, Ulrich Stielike, Hans-Hubert Vogts und Herbert Wimmer zu deutschen Fußballnationalspielern zeigt auf, dass Weisweiler nicht ein Mann mit „glücklichem Händchen“ gewesen war, sondern eine außergewöhnliche Persönlichkeit im Fußball, der das über Jahrzehnte verkörpert hat. Unterstrichen wird dies auch durch die Entdeckung und Formung der dänischen Offensivspieler Ulrik Le Fevre, Henning Jensen und Allan Simonsen.

Torhüter Wolfgang Kleff erinnert sich mit folgender Beschreibung an die Arbeit und die Persönlichkeit seines Trainers Hennes Weisweiler war eine absolute Autorität. Die jungen Spieler hatten schon fast Angst vor ihm. Der musste eigentlich gar nichts sagen, der blickte nur eindeutig, und jeder wusste schon Bescheid. Er verlangte von den Spielern Mut im Spiel eins gegen eins. Das Offensivspiel war seine Stärke. Spieler wie Simonsen und Bonhof waren anfänglich, als sie zu uns kamen, wirklich blind. Weisweiler hat sich die Zeit genommen und mit ihnen intensiv gearbeitet und sie zu dem geformt, was sie später wurden - internationale Topstars.“

Nach elf Jahren auf dem Bökelberg wechselte Weisweiler im Sommer 1975 zum spanischen Spitzenverein FC Barcelona. Sein Vorgänger Rinus Michels war nach vier Jahren bei den Katalanen nach Amsterdam zurückgekehrt und Barça lockte den deutschen Startrainer mit einem Monatsgehalt von umgerechnet 40.000 DM ans Mittelmeer. Doch nicht das für damalige Verhältnisse üppige Salär alleine war für Weisweiler ausschlaggebend. Auf die Frage, warum er Mönchengladbach auf dem Höhepunkt seines Einflusses und Erfolges verlassen würde, antwortete er in einem Interview:

„Ich habe meinen Stil in einer Mannschaft geprägt. Nun will ich versuchen, ihn in Spanien durchzusetzen.“

Und mit dem FC Barcelona und dessen niederländischen Starspielern Johan Cruyff und Johan Neeskens wollte er sein großes Ziel erreichen, den Gewinn des Europapokals der Landesmeister. Aber bereits vom ersten Tag an befanden sich Cruyff und Weisweiler im „Kriegszustand“: „Weisweiler ist nicht der Trainer meiner Wahl“, verkündete der niederländische Spielmacher, der offenbar ahnte, unter Weisweiler nicht die Freiheiten zu bekommen, die er sich bei Rinus Michels genommen hatte. Als Weisweiler am 8. Februar 1976 in Sevilla den Niederländer nach der Verschuldung des zweiten Gegentores vom Platz holte, kam es zum offenen Zerwürfnis. „Auswärts ist er nie über die Mittellinie gekommen“, begründete Weisweiler später seine Maßnahme. Er brachte damit aber nicht nur den niederländischen Star, sondern auch die Fans gegen sich auf. Cruyff monierte, er möge es nicht, wenn man ihn autoritär behandelte und lehnte sich offen gegen den Trainer auf. Die Vereinsführung um Präsident Agostin Montal beendete schließlich den Konflikt, indem sie sich durch eine Vertragsverlängerung auf die Seite Cruyffs schlug und Weisweilers darauf folgender Bitte um die vorzeitige Auflösung des Zweijahresvertrages nachkam.

Nach der Demission bei den Katalanen warben aus der Fußball-Bundesliga sofort der 1. FC Köln, Fortuna Düsseldorf und der MSV Duisburg um die Dienste von „Don Hennes“ zur Runde 1976/77. Alle drei Vereinsbosse – Peter Weiand, Bruno Recht und Paul Märzheuser – flogen unverzüglich nach Barcelona und verhandelten mit dem begehrten Fußballtrainer. Schließlich entschied sich Weisweiler seine dritte Amtszeit beim 1. FC Köln aufzunehmen und kehrte in die Domstadt zurück, um den Tabellenvierten der Runde 1975/76 zu übernehmen.

Tatsächlich gelang der „Geißbock-Elf“ mit dem Spanien-Heimkehrer ein Traumstart. Nach fünf Erfolgen über den 1. FC Kaiserslautern, RW Essen, Eintracht Frankfurt, Fortuna Düsseldorf und Eintracht Braunschweig stand der 1. FC Köln mit 14:2 Toren und 10:0 Punkten an der Tabellenspitze. Die Balance zwischen Offensive und Defensive schien zu stimmen, die läuferische Bereitschaft passte zum spielerischen Potential. Es herrschte „meisterliche“ Stimmung in Köln, Konflikte waren nicht auszumachen. Die vermeintliche Harmonie war aber bereits nach den nächsten zwei verlorenen Spielen gegen Tennis Borussia Berlin (2:3) und Bayern München (1:4) vorbei. Vor allem die Schwäche in den Auswärtsspielen – nur 12 Punkte waren gegenüber den Meisterschaftskonkurrenten aus Mönchengladbach (17), Schalke (17) und Braunschweig (18) im Rundenverlauf zu wenig – sorgte für innerbetriebliche Spannungen. Die 61 Gegentore – Titelverteidiger Mönchengladbach kassierte dagegen nur 34 Treffer – waren für Weisweiler ein weiteres Indiz dafür, dass die Zeit von Wolfgang Overath als Herrscher im Kölner Mittelfeld abgelaufen war.

Nach 14 Runden Bundesliga mit 409 Spielen, 55 DFB-Pokal- 71 Europapokaleinsätzen sowie 81 Länderspielen mit den zusätzlichen Strapazen von drei Weltmeisterschaftsturnieren, traute Weisweiler dem fast 34-jährigen Spielmacher nicht mehr zu, sein Spiel auf fremden Plätzen zu ändern, auch in die Spitze zu gehen und im Defensivverhalten keine Löcher zuzulassen. Beim Pokalfinale am 28. Mai 1977 in Hannover gegen Hertha BSC eskalierten die Spannungen zwischen Overath und dem Trainer. In der 91. Minute nahm Weisweiler Overath aus dem Spiel und strich ihn auch aus der Anfangsformation für das erforderliche Wiederholungsspiel zwei Tage später an gleicher Stelle. Durch ein Tor von Mittelstürmer Dieter Müller – Müller war mit 34 Treffern auch Bundesligatorschützenkönig geworden − holte die Weisweiler-Mannschaft am 30. Mai den Pokal nach Köln, und die Karriere von Wolfgang Overath war gleichzeitig beendet.

Das Jahr nach Overath, 1977/78, ging Weisweiler ohne spektakuläre Neuverpflichtungen an – es bekamen nur die Nachwuchsspieler Gerald Ehrmann, Heinz Pape, Norbert Schmitz und Holger Willmer Verträge und während der Hinrunde kam noch aus Tokio der 42-malige japanische Nationalspieler Yasuhiko Okudera an den Rhein –, er setzte auf den vorhandenen Kader und insbesondere auf seinen Spielmacher Heinz Flohe im Mittelfeld. Trotz der deftigen 1:5 Startniederlage bei Fortuna Düsseldorf präsentierte er eine Mannschaft, die konsequent seine Vorgaben umsetzte und zielstrebig um die Meisterschaft spielte. Nach dem 3:0 Auswärtserfolg am vierten Spieltag bei Bayern München überfuhr Köln vor 55.000 Zuschauern die punktgleichen Braunschweiger mit deren Mittelfelddirigenten Paul Breitner im Spitzenspiel mit 6:0 Toren. Die Abwehr mit Torhüter Harald Schumacher, den offensivstarken Außenverteidigern Harald Konopka und Herbert Zimmermann, der hoffnungsvollen Innenverteidigung mit Roland Gerber und Gerd Strack als Libero und Vorstopper schien im Zusammenspiel mit dem Mittelfeld um den defensivstarken Dauerläufer Heinz Simmet und den zwei spieltragenden Akteuren Herbert Neumann und Heinz Flohe Garant dafür zu sein, dass Köln ohne Einbruch die Runde gestalten könnte.

Aber die nächsten drei Spiele brachten gegen Saarbrücken, Schalke 04 und den Hamburger SV sechs Minuspunkte und Weisweiler stand mit seiner Mannschaft auf dem neunten Rang. Der erfahrene Fußball-Lehrer behielt aber die Nerven, vermittelte durch seinen Glauben an die Mannschaft den Spielern Selbstvertrauen und Moral und die Kölner übernahmen am 13. Spieltag nach dem 6:2-Heimsieg gegen 1860 München wieder die Tabellenführung, erarbeiteten sich bis zum 21. Spieltag einen Vorsprung von fünf Punkten und waren damit eindeutig auf Meisterschaftskurs. Zwei Auswärtsniederlagen gegen Braunschweig und Schalke brachten aber den Titelverteidiger Borussia Mönchengladbach bis auf zwei Punkte heran. Das Toppspiel am 25. Februar 1978 vor 60.000 Zuschauern in Müngersdorf gegen Weisweilers Ex-Klub vom Niederrhein, Borussia Mönchengladbach, endete 1:1 Remis. Eine 0:1-Heimniederlage am 31. Spieltag gegen Eintracht Frankfurt brachte den Punktegleichstand mit Mönchengladbach zuwege. In den letzten drei Ligaspielen durfte nichts mehr passieren, das Pokalfinale am 15. April gegen Fortuna Düsseldorf durfte die Mannschaft nicht von dem großen Ziel, dem erneuten Meisterschaftsgewinn nach 1964, ablenken. Weisweiler gewann mit seiner Mannschaft in Kaiserslautern wie auch das Pokalfinale mit 2:0 Toren, das letzte Heimspiel der Verbandsrunde gegen den VfB Stuttgart mit 2:1 Toren und reiste punktgleich mit Mönchengladbach am Schlusstag mit zehn Toren Vorsprung zum Absteiger St. Pauli. Es wurde aber nochmals spannend, denn der Titelverteidiger führte nach der ersten Spielhälfte mit 6:0 Toren gegen Dortmund, Köln führte in Hamburg durch einen Treffer von Flohe nur mit 1:0. In der zweiten Halbzeit ging das muntere Toreschießen im Düsseldorfer Rheinstadion munter weiter, die Bökelberg-Elf gewann mit 12:0, Köln sicherte sich aber mit weiteren vier Treffern die Meisterschaft.

Vor der Runde 1978/79 als Titelverteidiger, beendeten die Routiniers Johannes Löhr, Heinz Simmet und Wolfgang Weber ihre Spielerkarriere. Neben dem sportlichen Verlust waren vor allem im Mannschaftsgefüge ihre gereiften Persönlichkeitseigenschaften auszugleichen, die sie in vielen Jahren zu stabilisierenden Leistungsträgern gemacht hatten. In der Vereinschronik Hennes & Co. erfährt man zwar, dass das Präsidium für die Titelverteidigung noch einmal zu Investitionen bereit war, tatsächlich stießen aber die Jugendnationalspieler Pierre Littbarski, Bernd Schuster und Thomas Kroth, aus der FC-Jugend Jürgen Willkomm, sowie aus dem mittelrheinischen Amateurbereich Jürgen Mohr zur Weisweiler-Elf. Entscheidende Bedeutung kam im Verlauf der unbefriedigenden Runde der deutlich verminderten Offensivstärke (55:47 Tore) zu. Die Trefferquote des bisherigen Torjägers Dieter Müller (29 Spiele, acht Tore) war die schwächste seiner Zeit in Köln und Spielmacher Heinz Flohe absolvierte gar nur 13 Spiele für den Meister des Jahres 1978. Der Kräfteverschleiß beim Gewinn beider deutschen Titel in der vergangenen Saison, die zusätzliche Beanspruchung seiner Leistungsträger durch die Berufung in den WM-Kader für Argentinien, vor allem aber eine nicht enden wollende Verletzungs- und Krankheitssträhne (Heinz Flohe, Herbert Zimmermann, Herbert Neumann, Roger van Gool, Yasuhiko Okudera, Gerd Strack) ließen die Kölner in dieser Spielzeit ins obere Mittelmaß absinken

Die nordamerikanische Profiliga NASL lockte seit Mitte der 1970er Jahre mit hohen Gehältern europäische und südamerikanische Stars in die USA und Kanada, um den Bekanntheitsgrad und die Popularität des Fußballs auf diese Weise zu steigern. In Europa wurde die Liga aufgrund ihrer Showelemente und der meist schon längst jenseits ihres sportlichen Zenits befindlichen Spieler, als „Operettenliga“ verspottet. Weisweiler war dennoch davon überzeugt, hier Aufbauarbeit leisten zu können:

„Zudem geht bei Cosmos der Trend weg von der Verpflichtung europäischer Altstars und hin zu weit jüngeren Spielern. Im Kader befinden sich nun 13 Ausländer und 13 Amerikaner, darunter sechs 18-Jährige. Mit denen möchte ich hauptsächlich arbeiten und auf sie aufbauen.“

Um den „Sechser“ von Cosmos wollte Weisweiler eine junge Mannschaft aufbauen.Eine wichtige Rolle in seinem Vorhaben spielte Franz Beckenbauer, der bereits 1977 nach New York gekommen war und um den Weisweiler eine neue Mannschaft bilden wollte. Weisweiler erreichte mit Cosmos, dessen prominenteste Stars in diesem Jahr neben Beckenbauer der Niederländer Johan Neeskens, der italienische Stürmer Giorgio Chinaglia sowie der Brasilianer Carlos Alberto waren, auf Anhieb den „Soccer Bowl“ und durch einen 3:0-Sieg über die Fort Lauderdale Strikers, die Mannschaft von Gerd Müller, sicherte sich die Mannschaft den Titel. Auch im Jahr darauf zog Cosmos in das Liga-Endspiel ein, unterlag aber den Chicago Sting.

Privat fühlte sich Weisweiler, der kurz vor der Übersiedlung in die USA am 3. März 1980 in Neuss seine langjährige, 23 Jahre jüngere Freundin Gisela Heizmann geheiratet hatte und im Sommer 1981 im Alter von 62 Jahren Vater eines Sohnes wurde, durchaus wohl in New York. Doch bei Cosmos eckte er – trotz der sportlichen Erfolge – sowohl bei den Starspielern als auch bei der Vereinsführung an. Indem er etwa im „Soccer Bowl '80“ Beckenbauer in der Abwehr aufgeboten hatte und damit Carlos Alberto auf die Bank verbannte, brachte den Brasilianer gegen ihn auf, der den Verein bald darauf verließ. Sein größter Gegner bei Cosmos war aber der Torjäger Chinaglia, der Weisweiler unter anderem vorwarf, dass unter ihm der öffentlichwirksame Charakter von Cosmos verlorengegangen sei und dass er diesen einem konservativen und zurückhaltenden Stil geopfert habe. Diese Bemerkung spielt auch auf Weisweilers wenig publikums- und medienwirksame Art an. Und sein Konzept, eine Mannschaft von jungen Amerikanern anstelle von alternden Internationalen zu formen, stieß bei den Cosmos-Verantwortlichen auf wenig Gegenliebe, die der Meinung waren, dass in erster Linie zugkräftige Namen für genügend Publicity und damit wirtschaftlichen Erfolg sorgen würden. Auch der unerwartet frühzeitige Abgang von Beckenbauer, der schon im Herbst 1980 in die Bundesliga zurückgekehrt war, trug dazu bei, dass Weisweiler bereits vor der Runde 1982 seinen Abschied aus New York verkündete.

Im Februar 1982 deutete zunächst vieles darauf hin, dass Weisweiler in die Bundesliga zurückkehren würde: Eintracht Frankfurt war, nachdem Trainer Lothar Buchmann Anfang des Monats seine Kündigung zum Saisonende eingereicht hatte, auf der Suche nach einem Nachfolger. Präsident Axel Schander nannte Weisweiler seinen „Wunschtrainer“ und war nach ersten Gesprächen wenige Tage später zuversichtlich, dass Weisweiler an den Main kommen würde. Dieser wies aber in einem Interview Anfang März darauf hin, dass es mit dem Grasshopper-Club Zürich noch einen zweiten ernsthaften Interessenten gäbe und er sich noch nicht entschieden habe:

„Meine Situation ist doch die: Soll ich noch einmal eine Herausforderung annehmen, mit allem, was dahintersteckt? Ich ginge gewiß nicht blauäugig in die Bundesliga. Andererseits bin ich in einem Alter, wo man sich die Frage stellt: Willst du nicht langsam mal auspendeln lassen? Meine Arbeit ist keine Frage des Geldes, davon habe ich genug. Ich möchte noch einmal eine Mannschaft nach meinen Vorstellungen formen, egal ob in der Schweiz oder in der Bundesliga.“

Wenige Tage später unterschrieb Weisweiler in Zürich einen Zweijahresvertrag. Er wechselte zu einem Verein, bei dem Präsident Karl Oberholzer für eine langjährige und souveräne Clubführung stand, und der über hinreichende finanzielle Mittel für eventuelle Verstärkungen verfügte – Weisweiler fand diesbezüglich also wesentlich günstigere Rahmenbedingungen vor als in Frankfurt. Zudem hatte er sich bei einem Ligaspiel auf dem Hardturm vom spielerischen Potenzial des Kaders überzeugt und attestierte ihm „absolutes Bundesligaformat“.

Die Grasshoppers um die langjährigen Stützen Roger Berbig im Tor und Claudio Sulser im Sturmzentrum, mit dem Rückkehrer Raimondo Ponte und dem erfahrenen Österreicher Kurt Jara hatten zwar unter dem deutschen Trainer Timo Konietzka die Meisterschaft 1982 gewonnen, lagen aber in der Zuschauergunst weit hinter Luzern, Servette, Aarau und dem Stadtrivalen FC Zürich. Mit dem „Startrainer“ Weisweiler sollte sich dies ändern und der Erfolg auf nationaler und internationaler Ebene etabliert werden. Die hohen Erwartungen an die Spielzeit 1982/83 wurden erfüllt: Auch wenn GC im europäischen Landesmeisterwettbewerb schon in der ersten Runde scheiterte, verteidigte die Mannschaft nicht nur den Meistertitel, sondern besiegte den härtesten Ligakonkurrenten Servette Genf auch im Cupfinal – die Sandoz-Trophäe hatten die Grasshoppers seit 27 Jahren nicht mehr an die Limmat geholt. Für Weisweiler war dieser Doppelerfolg, der in einem riesigen Festzelt hinter der Hardturm-Tribüne gefeiert wurde, nach 1978 das zweite „Double“.

Am 5. Juli 1983 starb Hennes Weisweiler im Alter von 63 Jahren an den Folgen eines Herzinfarktes in seinem Haus in Aesch bei Birmensdorf, einer Ortschaft in der Nähe Zürichs. Weisweiler hatte vorgehabt, hier seine Karriere langsam ausklingen zu lassen und sich anschließend ausschließlich seiner Familie und dem Schreiben seiner Memoiren zu widmen.

Sein ebenso plötzlicher wie unerwarteter Tod löste große Betroffenheit und Anteilnahme aus. Sein Leichnam wurde vor dem Kölner Dom aufgebahrt – eine Ehre, die in der Nachkriegszeit außer ihm lediglich Bundeskanzler Konrad Adenauer sowie Erzbischof Joseph Kardinal Höffner zuteil wurde – und 6000 Menschen, darunter zahlreiche Persönlichkeiten aus Sport und Politik, kamen zum letzten Geleit von Hennes Weisweiler. Beigesetzt wurde er im heimischen Lechenich; sein Grabstein trägt die Inschrift „Ein Leben dem Fußball“.

„Hennes war Lehrer des Fußballs im wahrsten Sinne des Wortes – und bis zum Schluß ein geradezu fanatisch Lernender. Herberger imponierte besonders die Weisweilersche Begabung, Theoretisches und Praktisches miteinander zu verbinden. Weisweiler, als Spieler einer, dem Sicherheit über alles ging, war als Trainer ein geradezu fanatischer Anhänger des offensiven Spiels. Zu einem Zeitpunkt, da sich im deutschen Fußball weitgehend alles an der Sicherheit orientierte, sorgten er und sein einstiger Schüler Cajkovski (inzwischen bei den Münchner Bayern) mit ihren 1965 aufgestiegenen Mannschaften für frischen Wind in der Bundesliga. Die Begeisterung, mit der seine Gladbacher ‚Fohlen‘ stürmten, übertrug sich auf die Ränge in den deutschen Stadien.
Der Fußball – und nicht nur der deutsche – hat einen Menschen verloren, dessen Sinnen und Trachten immer darauf gerichtet war, das Spiel weiterzuentwickeln, voranzutreiben. Seine Erfolge sind in den Meisterlisten dreier Länder verewigt. Der Mensch Hennes Weisweiler wird allen im Gedächtnis bleiben, die das Glück hatten, mit ihm zu tun zu haben. Adieu Hennes!“


Erfolge Titel:
UEFA-Pokal: 1975
Deutscher Meister: 1970, 1971, 1975, 1978
Deutscher Pokal: 1973, 1977, 1978
Schweizer Meister: 1983
Schweizer Pokal: 1983
USA-Meister: 1980
Weitere Erfolge:

Bundesliga-Aufstieg 1965


Vereine in der Jugend
VfB Lechenich
Kölner BC 01

Vereine als Aktiver
Kölner BC 01/1. FC Köln

Stationen als Trainer
1982–1983 1. FC Köln (Spielertrainer)
Rheydter SpV
DFB (Assistenztrainer der Nationalmannschaft)
1. FC Köln
Viktoria Köln
Borussia Mönchengladbach
FC Barcelona
1. FC Köln
New York Cosmos


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Man muss Fußball nicht verstehen, man muss sich nur damit zurechtfinden!

zuletzt bearbeitet 18.08.2012 10:32 | nach oben springen
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