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#1

Krol Ruud .......... Niederlande

in > EUROPÄISCHE SPIELER EINST UND JETZT < 16.07.2012 09:05
von printmaster • Admin | 1.755 Beiträge

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Ruud Krol sorgte in seinem Heimatland für eine kleine Kulturrevolution. Denn die meisten Kinder, die Fussball spielen, träumen davon, einmal ein großer Stürmer, Spielmacher, vielleicht auch mal ein Torhüter zu werden. Auf die Frage nach ihren Zukunftsträumen werden die wenigsten sagen: "Ich möchte Außenverteidiger werden." Tatsächlich wird man selten aus eigenem Antrieb zum Außenverteidiger, sondern meistens aufgrund anderer Umstände: Ein Flügelspieler wird gebeten, sich weiter zurückzuziehen. Oder ein Innenverteidiger wird nach außen versetzt. Oder der Trainer will es einfach so. Doch in den Niederlanden wird man seit den 70er-Jahren nicht mehr aus Zufall zum linken Außenverteidiger, sondern um einem der größten Helden der nationalen Fussballgeschichte nachzueifern.

Doch um ganz ehrlich zu sein, war der Niederländer nicht nur der beste linke Außenverteidiger seiner Epoche, sondern auch einer der besten Flügelspieler, Mittelfeldspieler oder Liberos jener Zeit. Als würdiger Vertreter des Totaal Voetbal verfügte Krol nicht nur über die erforderlichen athletischen Voraussetzungen, sondern auch über eine großartige Spielintelligenz. "Unser System war die Lösung für physische Probleme", erklärte der ehemalige Verteidiger den durch den legendären Rinus Michels eingeführten Fussballstil. "Wie schafft man es, 90 Minuten lang zu spielen und seine Energie zu wahren? Wenn ich als linker Außenverteidiger 70 Meter den Flügel entlang renne, macht es keinen Sinn, wenn ich diese 70 Meter sofort wieder zurücklaufen muss, nur um meinen Platz wieder einzunehmen. Wenn folglich der linke Mittelfeldspieler meinen Platz einnimmt, und der linke Außenstürmer das Mittelfeld besetzt, verkürzt das für alle die Entfernungen. Das war unsere Philosophie."

Eine Philosophie, die sich in der Nationalmannschaft natürlich noch leichter anwenden ließ, wenn sie Tag für Tag auch im Klub erfolgreich gelebt wurde, wie Krol dies seit seinen Anfängen 1968 bei Ajax Amsterdam tat. Mit dem Hauptstadtklub dominierte er jahrelang die Eredivisie, Europa und sogar die Welt: Niederländischer Meister 1970, 1972, 1973, 1977, 1979 und 1980, Sieger des Europapokals der Landesmeister 1972 und 1973 sowie Gewinner des Interkontinental-Pokals 1972.

Alles erscheint leichter, wenn man Mitglied eines solchen Dream Teams ist, doch nicht selten wird dabei vergessen, wie schwer es ist, überhaupt hineinzukommen. Krol kam vom kleinen Verein Rood Wit und musste sich lange gedulden, bevor er den Sprung von der Reserve in die erste Mannschaft schaffte. Ein erstes Hindernis war, dass Krol ein Rechtsfuß war, doch der Stammspieler auf der rechten Seite war ein gewisser Wim Suurbier, damals zweifellos einer der weltweit besten Spieler auf dieser Position. Krol begann kurzerhand, monatelang seinen linken Fuß zu trainieren, und wurde 1969 der Nachfolger von Theo van Duivenbode auf der linken Seite.

Ein zweites Hindernis war sein wenig förderlicher Ruf als notorischer Nachtschwärmer. "Die größte Gefahr für die Karriere Ruuds waren weder der rechte Flügelstürmer von Feyenoord oder René van de Kerkhof bei PSV, sondern die hübschen Mädchen in den Diskotheken und Bars in der Altstadt von Amsterdam", soll Michels oft gesagt haben. Zu seinem Glück schloss Krol im Verlauf der ersten Vorbereitung mit dem Profi-Team eine enge Freundschaft zu Neuzugang Nico Rijnders, der großen Einfluss auf ihn ausüben sollte. Er schaffte es, den feurigen Krol früher aus dem Bett zu holen und länger beim Training zu halten.

Krol hatte die Botschaft verstanden und war von da an ein Muster an Professionalität. "Ich ging immer noch ins Kino oder gelegentlich in Klubs, aber sonst hatte ich nur noch den Fussball im Kopf", sagte er im Rückblick auf eine Generation, die außerhalb des Feldes als ebenso lebenslustig galt wie auf dem Platz als seriös. "Einige Spieler hatten einen ausgeprägteren Hang zum Nachtleben. Ich interessierte mich nur für den Fussball. Manchmal fand mich Michels etwas zu gestresst. In solchen Momenten kam er zu mir und sagte: 'Auf geht's, Ruud, geh dich ein wenig amüsieren!' Das habe ich dann getan, aber nie vor einem wichtigen Spiel."

Doch dann, im Vorfeld des Finales der Fussball-Weltmeisterschaft Deutschland 1974, präsentierte die Bild-Zeitung auf ihrem Titelblatt einige niederländische Spieler, die offenbar eine feucht-fröhliche Nacht in guter Begleitung am Swimmingpool verbrachten. Kein Wunder, dass Johan Cruyff seine Mannschaftskameraden zusammenrief und sagte: "Wir haben ein großes Problem." Einige leugneten, andere klagten über ein Komplott – Tatsache war, dass die Niederländer vielleicht nicht ganz bei der Sache sein würden, wenn sie am Tag darauf zum Finale gegen Deutschland den Rasen betreten würden. Krol selbst maß der Angelegenheit keine große Bedeutung bei und sagte: "Es ist doch immer das gleiche, die Medien tun alles dafür, dass das Gastgeberland gewinnt. Wir hatten den Artikel gelesen, sicher, doch wir waren voll auf das Finale konzentriert."

Und zwar so konzentriert, dass Uli Hoeneß in der ersten Minute einen Elfmeter an Cruyff verursachte, ohne dass die deutschen Spieler bis dahin überhaupt den Ball berührt hatten. Johan Neeskens verwandelte, doch Krol und seine Mitstreiter sollten am Ende dennoch mit 1:2 den Kürzeren ziehen. Den Siegtreffer erzielte Gerd Müller, der damit das persönliche Duell mit Krol für sich entschied. "Seinen ersten Versuch hatte ich abgeblockt, doch beim zweiten Schuss erwischte er den Ball nicht richtig. Sonst hätte ich ihn gehabt", versuchte sich Krol später zu trösten. "Am Ende kullerte sein Schuss ins Tor."

Franz Beckenbauer und Co. durften zwar den Pokal in die Höhe stemmen, doch die Lobeshymnen gehörten nach dem Spiel den Niederländern. Im Verlauf eines sensationellen Turniers hatten sie sich mit traumhaftem Fussball gegen Uruguay (2:0), Argentinien (4:0) und den amtierenden Weltmeister Brasilien (2:0) durchgesetzt. Das niederländische Team war seinen Konkurrenten derart überlegen gewesen, dass ein Titel nur eine Frage der Zeit schien.

Vier Jahre später brachen die Niederländer nach Argentinien auf, um das Versprechen einzulösen. Auch ohne den Strategen Cruyff, der zu Hause geblieben war, aber mit einem Ruud Krol, der als Kapitän und Libero agierte, zeigte das Oranje-Team erneut seinen Traum-Fussball und stürmte bis ins Finale. Doch das Schicksal kann dickköpfig sein, und einmal mehr bekamen es die Niederländer im Endspiel mit dem Gastgeberland und einem entfesselten Publikum als Gegner zu tun. Und wie Müller vier Jahre zuvor besiegelte ein glücklicher Mario Kempes in der Verlängerung die Niederlage. Letztlich ging die Partie 1:3 verloren, dabei hatten die Niederländer in den letzten zehn Minuten der regulären Spielzeit nicht nur den Ausgleich geschafft: Rob Rensenbrink scheiterte nach Vorlage von Krol in den letzten Sekunden nur denkbar knapp am Pfosten!

Es wird oft darüber diskutiert, wer der beste Spieler war, der nie eine Fussball-Weltmeisterschaft gewinnen konnte. War es Platini, Di Stefano, Puskas, Zico oder Eusebio? Die Antwort ist deutlich einfacher, wenn es um das beste Team geht, das nie eine WM für sich entscheiden konnte. Selbst die legendären Ungarn von 1954 können den Niederländern diesen traurigen Titel nicht streitig machen. "Es bleibt eine tiefe Wunde. Ich habe dieses Kapitel nie abgeschlossen", räumte Krol mehr als 30 Jahre nach dieser doppelten Enttäuschung ein. "Es ist sehr traurig, mit einer Mannschaft, die so gut spielte, nicht Weltmeister geworden zu sein. Ich habe zwei Silbermedaillen, doch ich würde sie sofort gegen eine goldene eintauschen. Wir werden immer diejenigen bleiben, die schön spielen und nichts gewinnen. Sicher, das Team von 1988 hat die EURO gewonnen, aber nicht die Weltmeisterschaft. Und die WM, das ist etwas anderes."

So ließ der niederländische Fussball die Chance auf die Weltherrschaft verstreichen, gleichzeitig sank auch der Stern von Ajax Amsterdam in Europa. Es begann die Vorherrschaft der englischen und deutschen Klubs, die zwischen 1974 und 1983 alle zehn Europapokal-Titel unter sich ausmachten. 1980 feierte Krol seinen 31. Geburtstag und kam zu dem Schluss, dass seine besten Zeiten vorbei sind. Er entschied sich zum Ausklang seiner Karriere für ein Abenteuer in Nordamerika beim kanadischen Klub Vancouver Whitecaps. Nach nur 14 Partien stellte er hingegen fest, dass seine Beine noch zu jung für den Vorruhestand waren, und wechselte zum SSC Neapel.

Doch erneut sollte Krol irgendwie zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort landen. Er blieb zwar noch vier Jahre bei den Italienern, gewann indes keinen einzigen Titel außer dem als bester ausländischer Spieler der Serie A 1981 und den inoffiziellen als Liebling der Napoli-Fans. Er verließ den Klub 1984, wenige Tage vor Ankunft eines gewissen Diego Maradona. Während der italienische Klub ab jenem Moment an den ersten Kapiteln seiner zukünftigen Legenden schreiben würde, erlebte Krol die letzten seiner Karriere beim französischen Zweitligisten AS Cannes.

In der Stadt des wohl berühmtesten Festivals der "siebten Kunst" fasste Krol seine Karriere noch einmal treffend zusammen: "Der Fussball ist keine Kunst, aber es ist eine Kunst, gut Fussball zu spielen."


Vereine:
Ajax Amsterdam (1968-80), Vancouver Whitecaps (1980), SSC Neapel (1980-84), AS Cannes (1984-86)

Nationalmannschaft: 83 Länderspiele (4 Tore)

Erfolge:
* 3x europäischer Landesmeister (1971, 1972, 1973)
* 6x niederländischer Meister (1970, 1972, 1973, 1977, 1979, 1980)
* 4x niederländischer Pokalsieger (1970, 1971, 1972, 1979)
* 1x Interkontinentalpokal-Sieger (1972)
* 2x europäischer Supercup-Gewinner (1972, 1973)
* 2x Finalist der FIFA WM (1974, 1978)
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Man muss Fußball nicht verstehen, man muss sich nur damit zurechtfinden!

zuletzt bearbeitet 16.07.2012 09:08 | nach oben springen
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